Was machen Kationische Tenside in Haarpflegeprodukten?
Das ist ein Gastartikel von Maike.
Tenside werden benötigt, um Schmutz von unserem Körper zu entfernen. Dabei werden in einigen Produkten für Locken gerne kationische Tenside eingesetzt.
Was sind Tenside?
Vom Aufbau her kannst du dir Tenside wie Streichhölzer vorstellen: Sie haben einen hydrophilen (Wasser liebend, aber Fett abstoßenden) Kopf und einen lipophilen (Fett liebenden, aber Wasser abstoßenden) Stiel.
Es gibt vier verschiedene Tensid Arten, die sich je nach Ladung im Kopf voneinander unterscheiden:
Nichtionische Tenside haben keinerlei Ladung in ihrem Kopf, daher werden sie gerne als Emulgatoren oder zur Stabilisierung von Schaum eingesetzt.
Amphotere Tenside werden auch Co-Tenside genannt, da sie eine positive und eine negative Ladung haben. Sie reinigen und schäumen nur schwach.
Anionische Tenside haben in ihrem Kopf eine negative Ladung. Sie reinigen und schäumen sehr gut, daher werden anionische Tenside vor allem in Haarpflegeprodukten eingesetzt.
Kationische Tenside sorgen durch die positive Ladung dafür, dass sich die Haare besser kämmen lassen. Gleichzeitig wirken sie glättend, weswegen kationische Tenside gerne in Produkten für lockiges Haar und in Spülungen eingesetzt werden.
Warum werden kationische Tenside eingesetzt?
Kationische Tenside tragen in ihrem hydrophilen Kopf eine positive Ladung, die oft durch ein quartäres Ammoniumion zustande kommt. Als salzbildende Ionen werden Chlorid und Bromid eingesetzt, durch ihre negative Ladung können sie die positive Ladung des kationischen Tensids ausgleichen.
Durch ihre positive Ladung haften kationische Tenside sehr gut an negativ aufgeladenen Haaren und verhindern dadurch ein Fliegen der Haare, machen kämmbar und lassen sie fülliger aussehen.
Zudem können einige kationische Tenside nach der Kosmetikverordnung als Konservierungsmittel eingesetzt werden, da sie eine ausgeprägte bakterizide Wirkung (d.h. sie wirken abtötend auf Bakterien) haben, z.B. Cetrimonium Chloride/Bromide.
In Haarpflegeprodukten findet man kationische Tenside z.B. unter folgenden Namen: Cetrimimonium Chloride/Bromide, Behentrimonium chloride, Benhentrimonium methosulfate, Stearalkonium chloride, Guar Hydroxypropyxltrimonium chloride oder Distearoylethyldiamonimchlorid
Kationisches Tensid | Herkunft | Aufbau |
Behentrimonium chloride | unterschiedlich | Quartäre Ammoniumverbindung |
Cetrimonium chloride | unterschiedlich | Quartäre Ammoniumverbindung |
Behentrimonium methosulfat | unterschiedlich | Quartäre Ammoniumverbindung |
Stearalkonium chloride | unterschiedlich | Quartäre Ammoniumverbindung |
Guar Hydroxypropyxltrimonium chloride | Pflanzlich (Guarmehl, für Naturkosmetik zugelassen) | Quartäre Ammoniumverbindung |
Distearoylethyldiamonimchlorid | Pflanzlich (für Naturkosmetik zugelassen) | Esterquat |
Bei kationischen Tensiden unterscheiden wir vor allem zwischen Quats und Esterquats.
Als Quats werden quartäre Ammoniumverbindungen wie z.B. Cetrimonium chlorid bezeichnet. Bei diesen gibt es ein quartäres Ammoniumion, d.h. am Stickstoff (N) sind vier Bindungen – das kannst du gut an der Strukturformel des Cetrimoniumchlorids oben im Blogbeitrag sehen.
Anders sind die sogenannten Esterquats, denn diese basieren auf quartären Di- bzw. Triethanol-Methyl-Ammonium-Verbindungen und erhalten eine Estergruppe, diese habe ich dir bei der Strukturformel des Esterquats farbig markiert. Esterquats sind biologisch leichter abbaubar.
Welche Auswirkung haben Kationische Tenside auf die Umwelt?
Nach dem Haarewaschen gelangen die Tenside in die Kläranlage, wo der biologische Abbau erfolgt.
Beim biologischen Abbau wird zwischen Primär- und Endabbau unterschieden: Während die Tenside beim Primärabbau die grenzflächenaktiven Eigenschaften verlieren und das Tensid dadurch nicht mehr gefährlich für Wasserlebewesen ist; wird das Tensid beim Endabbau vollständig zu CO2, Wasser und Biomasse abgebaut.
Dabei kann der Endabbau entweder aerob (d.h. in der Kläranlage, da dort Sauerstoff zugänglich ist; aerob = unter der Anwesenheit von Sauerstoff) oder anaerob (d.h. direkt im Boden unter Ausschluss von Sauerstoff) ablaufen.
Die positive Ladung der kationischen Tenside bringt ein Problem mit sich: Da auch Klärschlamm überwiegend negativ geladen ist, möchten sich die kationischen Tenside sehr gerne an den Klärschlamm hängen.
Circa 95% der kationischen Tenside haften an der Oberfläche von Klärschlamm, die biologische Abbaubarkeit der katonischen Tenside ist trotzdem unterschiedlich und bisher noch nicht ausreichend erforscht.
So kann Alkylbenzyldimethylammoniumchlorid biologisch abgebaut werden, indem über 80% der Kohlenstoffkette zu zu CO2 umgesetzt wird.
In aeroben Umgebungen sind kationische Tenside also leicht biologisch abbaubar. Trotzdem wirken sie schon in geringen Konzentrationen toxisch (giftig), weswegen sich das Aufbringen von Klärschlamm, an welchen kationische Tenside gebunden sind, nachteilig auf die Böden der Landwirtschaft auswirken kann.
Bei kationischen Tensiden, die heutzutage verwendet werden handelt es sich häufig um sogenannte Esterquats. Diese sind im Vergleich zu den kationischen Tensiden von früher, die keine Estergruppe enthalten, deutlich schneller biologisch abbaubar.
Gesetzliche Vorschriften für Tenside
Moderne Tenside müssen umweltverträglich sein, sie dürfen die Ökologie in keinem Fall beeinträchtigen.
Die Detergenzienverordnung von 2004 legt fest, dass Tenside seit 2005 unter Laborbedingungen innerhalb von 28 Tagen abgebaut sein müssen. Die Laborbedingungen sind so ausgelegt, dass der Abbau langsamer erfolgt als in Kläranlagen. Deswegen sind Tenside in Kläranlagen bereits nach wenigen Stunden zur Hälfte abgebaut. Obwohl die Verordnung erst von 2004 ist entsprechen heute viele der eingesetzten Tenside den Anforderungen zur Abbaubarkeit.
Eine Pauschalisierung zur biologischen Abbaubarkeit kationischer Tenside ist leider nicht so einfach, dennoch kann man sich hierzu genau ansehen, was in Artikel 4 zur Beschränkungen aufgrund der biologischen Abbaubarkeit geregelt ist der Detergenzienverordnung geregelt ist:
- Tenside, welche die Kriterien für die vollständige biologische Abbaubarkeit entsprechen, dürfen ohne weitere Beschränkungen eingesetzt werden.
- Enthält ein Produkt Tenside, die unter dem festgelegten Wert der Bioabbaubarkeit liegt, so kann der Hersteller eine Ausnahme beantragen.
- Alle Tenside, die die Prüfung zur vollständigen aeroben Bioabbaubarkeit nicht bestanden haben, werden nochmals einer Untersuchung der Rate der primären Bioabbaubarkeit unterzogen. Erfüllt das Tensid auch nicht der Rate der primären Bioabbaubarkeit, wird keine Ausnahmegenehmigung erteilt.
Leider ist dies von Tensid zu Tensid unterschiedlich, sodass jedes einzelne Tensid eines jeden Herstellers einzeln auf seine Bioabbaubarkeit geprüft werden müsste, um genaue Schlüsse zu ziehen. Da mir dies in diesem Rahmen nicht möglich ist, da es sehr viele Hersteller für Tenside gibt, ist eine pauschale Aussage zur Bioabbaubarkeit quasi unmöglich – außer man erforscht dieses Thema einige Jahre.
Kationische Tenside in Naturkosmetik
Um für Naturkosmetik zugelassen zu werden, müssen die Tenside pflanzlichen Ursprungs sein und vollständig biologisch abbaubar sein.
Fazit – kationische Tenside in Haarpflegemitteln
Die biologische Abbaubarkeit von kationischen Tensiden ist bis heute noch nicht ausreichend erforscht. Allerdings legt die Detergenzienverordnung von 2004 fest, dass Tenside unter Laborbedingungen innerhalb von 28 Tagen abgebaut sein müssen.
Allgemein kann man sagen, dass Esterquats leichter biologisch abbaubar sind als Quats (quartäre Ammoniumverbindungen). Dennoch gilt auch bei kationischen Tensiden: Die Dosis macht das Gift, je weiter hinten das kationische Tensid in der INCI-Liste steht, desto geringer ist die Konzentration. (Behentrimonium Chlorid darf beispielweise in Shampoos maximal in Konzentrationen von 5 % eingesetzt werden.)
Da kationische Tenside keine große Reinigungswirkung besitzen, aber die Haare besser kämmbar machen und sie glätten, werden sie gerne in Produkten für lockiges Haar eingesetzt. Daher ist es sinnvoll, das Shampoos oder Spülungen für lockiges Haar nicht nur auf kationische Tenside setzen, sondern verschiedene Tensidarten schlau miteinander kombinieren.
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Quellen:
- „Körperpflegekunde und Kosmetik“, Sabine Ellsässer, Springer, 2. Überarbeitete und erweiterte Auflage
- „The biodegradation of surfactants in the environment” (2000) – https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0304415700000137
- „Tenside: waschaktive Substanzen in Reinigungsmitteln, Waschmitteln und Spülmitteln“ – ikw – https://www.ikw.org/haushaltspflege/themen/detail/tenside-waschaktive-substanzen-in-reinigungsmitteln-waschmitteln-und-spuelmitteln-597/
- COSMOS-standard – Standard für Bio- und Naturkosmetik
- Verordnung (EG) Nr. 648/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 31. März 2004 über Detergenzien
Über Maike:
Chemiestudetin Maike zeigt dir auf ihrer Website slothmetics.com wie du die langen Inhaltsstoff-Listen auf der Rückseite deiner Kosmetika richtig liest und mit ihrem Hautpflegeguide deine Haut besser kennen und verstehen lernst.
Wow, hier sprechen schon wahre Chemieprofies 🙂
Zu was würde denn Potassium cocoate (verseiftes Kokosöl) oder wahlweise potassium olivate (verseiftes Olivenöl) zählen? Wenn ich jetzt nicht ganz falsch liege ist das doch ein natürliches Tensid. Ist das curly hair tauglich?
LG Cate
PS. Ich liebe deine Seite. War schon so oft drauf 🙂
Bei Potassium handelt es sich um Seife. Das sind immer anionische Tenside welche zu austrocknend für Locken sind. Daher kann ich sie nicht empfehlen.
Liebe Grüße
Elisa
Danke für diesen tollen Blog. War sehr interessant zu lesen.
Spannender und gut erklärter Artikel! Jetzt verstehe ich auch besser, wieso Elisa einige Produkte, die ansonsten ihren Kriterien entsprechen, nicht auf ihrer Produktliste hat.
Gibt es für Spülungen auch Regeln, wieviel % kationische Tenside max. eingesetzt werden dürfen?
Bzw. gibt es irgendwo einen Überblick, welche INCIs in welchen Anteilen in Spülungen, Shampoos, Stylingprodukten etc. maximal vorkommen dürfen? Ich habe dazu in deinen Quellen geschaut, bin aber, zumindest online, nicht fündig geworden.
Ich freue mich, dass ich mich auf diesem Wege, endlich mal für Chemie interessiere 😉
Hallo Claudia,
von so einer Regel wüsste ich persönlich nichts.
Ansonsten gibt es die Kosmetik Verordnung wo geregelt ist was in Kosmetikprodukten enthalten sein darf und falls es eine Beschränkung gibt, dann findest du diese dort.
Liebe Grüße
Elisa
Hallo! Ein schöner Artikel!
Ich würde Guar Hydroxypropyltrimonium chloride allerdings gesondert betrachten, da es sich um polykationische Polymere (Stärke) handelt, die eher mit Polyquaternium-10 (polykationische Cellulose) vergleichbar sind, und als Hydrocolloide auch eine andere Wirkung haben als die übrigen kationischen Tenside, die einen Lipidcharakter haben.
Weitere kationische Tenside, die sogar nach Natrue-Standard (Natrue ist strenger als Cosmos Organic / BDIH) zertifizierbar sind, ist eine Reihe von nicht-quatbasierten, kationischen Tensiden deren positive Ladung offenbar durch Protonierung der alpha-Aminogruppe zustande kommt, und die laut Herstellerangaben in einem breiten pH-Spektrum undissoziert bleibt.
Zu dieser Reihe gehören Brassicyl Isoleucinate esylate sowie Brassicyl Valinate esylate, welche auch schon in einigen NK-Conditionern eingesetzt werden, außerdem Brassicyl Aminolaurate esylate.
PCA Ethyl Cocoyl Arginate ist ebenfalls ein Natrue-konformes kationisches Tensid, das ebenfalls in einem breiten pH-Spektrum positiv geladen ist. Die positive Ladung befindet sich an der Guanidinogruppe.
Die pH-sensitiven Amidoamine (tertiäre Amine) könnte man meiner Meinung nach auch noch erwähnen. Stearamidopropyl dimethylamine sowie Behenamidpropyl dimethylamine sind weit verbreitet.
LG, Jane